Abrechnungsprüfung bei Pflegediensten

Seit Oktober 2016 ist die Prüfung von Abrechnungen verpflichtender Bestandteil der jährlichen Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes bei ambulanten Pflegediensten. Außerdem kann der Medizinische Dienst auch Abrechnungen von Pflegediensten prüfen, die nur Leistungen der Behandlungspflege erbringen.

Diese erweiterten Kontrollmöglichkeiten hat der Gesetzgeber mit den Pflegestärkungsgesetzen II und III auf den Weg gebracht. Hintergrund waren Medienberichte und Erkenntnisse über Fälle von kriminellem Abrechnungsbetrug in der Pflegebranche.

Weitere Informationen zu den Abrechnungsprüfungen finden Sie in unserem Fragen- und Antwortenkatalog.

Wie oft kontrolliert der Medizinische Dienst einen Pflegedienst?

Der Medizinische Dienst kontrolliert ambulante Pflegedienste und Pflegeheime in der Regel einmal im Jahr bei der sogenannten Pflege-Qualitätsprüfung. Wenn es allerdings einen konkreten Anlass gibt, beispielsweise weil sich Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen beschwert haben, kontrolliert der Medizinische Dienst auch dann. Solche Anlassprüfungen erfolgen grundsätzlich ohne vorherige Anmeldung.

Seit wann muss der Medizinische Dienst die Abrechnung von Pflegediensten prüfen?

Seit Oktober 2016 ist die Prüfung von Abrechnungen verpflichtender Bestandteil der jährlichen Pflege-Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes bei ambulanten Pflegediensten. Seit Januar 2018 werden auch Abrechnungen geprüft, bei denen es ausschließlich um Leistungen der häuslichen Krankenpflege (HKP) geht. Dabei handelt es sich um Leistungen, die nur von der Krankenversicherung und nicht von der Pflegeversicherung bezahlt werden. Das sind zum Beispiel Medikamentengaben, Insulininjektionen, das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen und aufwändige Verbandwechsel.

Außerdem führt der Medizinische Dienst seit Januar 2018 auch Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen nach dem Krankenversicherungsgesetz (SGB V) durch. Dies betrifft Pflegedienste, die ausschließlich Leistungen der Häuslichen Krankenpflege anbieten. Dabei geht es vor allem um spezialisierte Pflegedienste, die außerklinische Intensivpflege wie zum Beispiel Beatmung anbieten.

Die erweiterten Kontrollmöglichkeiten hat der Gesetzgeber mit den Pflegestärkungsgesetzen II und III auf den Weg gebracht. Hintergrund waren Medienberichte und Erkenntnisse über Fälle von kriminellem Abrechnungsbetrug in der Pflegebranche.

Was kontrolliert der Medizinische Dienst?

Im Fokus der Abrechnungsprüfung stehen zwei zentrale Fragen: Wurden die von dem Pflegedienst in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht? Und wurden sie so erbracht, wie es vertraglich vereinbart war? Hierzu zählt zum Beispiel, ob die Leistung durch eine Pflegefachkraft erbracht worden ist.

Wie läuft eine Abrechnungsprüfung ab?

Der Medizinische Dienst sieht sich Rechnungen an, die diejenigen Pflegebedürftigen betreffen, bei denen auch die Versorgungsqualität vor Ort geprüft wird. Die Prüferinnen und Prüfer des Medizinischen Dienstes kontrollieren, ob die Angaben in den Rechnungen plausibel sind zu den Angaben in anderen Unterlagen des Pflegedienstes wie Dienst- und Einsatzpläne, Handzeichenlisten und Durchführungsnachweise. Zusätzlich befragen die Prüfer die Pflegebedürftigen oder ihre Angehörigen und den Pflegedienst.

Was hat der Medizinische Dienst in den Abrechnungsprüfungen festgestellt?

Dem Medizinischen Dienst fallen vorrangig zwei unterschiedliche Arten von Unregelmäßigkeiten auf: Zum einen bemerken die Prüferinnen und Prüfer Fälle, in denen es nicht nachvollziehbar erscheint, dass alle in Rechnung gestellten Maßnahmen auch tatsächlich erbracht wurden. Die Palette reicht hier von „Unstimmigkeiten zwischen Pflegedokumentation und Auskünften der Pflegebedürftigen“ über „Leistungen, die häufiger in Rechnung gestellt als erbracht wurden“ bis hin zu „Leistungen, die in Rechnung gestellt, aber gar nicht erbracht wurden“.

Zum anderen entdeckt der Medizinische Dienst Fälle, in denen es nicht nachvollziehbar ist, dass die in Rechnung gestellten Maßnahmen vertragskonform erbracht worden sind. Auch hier gibt es eine Reihe von möglichen Unstimmigkeiten. So können zum Beispiel Abrechnungsausschlüsse missachtet worden sein. Oder aber die Leistung wurde nicht vollständig erbracht. Etwa wenn nur eine „Teilwäsche im Bett“ stattgefunden hat, obwohl die wesentlich komplexere Leistung „Duschen inklusive Transfers, An- und Auskleiden“ in Rechnung gestellt wurde. Oder es wurden Qualifikationsanforderungen unterlaufen, indem eine Wundversorgung durch eine gelernte Pflegefachkraft abgerechnet wurde, die Versorgung aber tatsächlich durch eine Hilfskraft erfolgte.

Wie häufig sind Unstimmigkeiten in der Abrechnung?

Die Erfahrungen mit den Abrechnungsprüfungen zeigen, dass bei einem Teil der Pflegedienste mindestens eine Abrechnungsauffälligkeit festgestellt wird, bei einem kleinen Teil der Pflegeeinrichtungen zeigen sich auch gehäufte Abrechnungsauffälligkeiten. Bei einem großen Teil der Einrichtungen finden die Medizinischen Dienste bei Abrechnungsscreening keine Auffälligkeiten.

Was unternimmt der Medizinische Dienst, wenn er Unstimmigkeiten entdeckt?

Bei Abrechnungsauffälligkeiten in der ambulanten Pflege erhält die Pflegekasse des Versicherten den Prüfbericht sowie beweissichernde Unterlagen. Die Pflegekasse entscheidet dann über das weitere Vorgehen, z.B. Rückforderung von Zahlungen, kassenseitige Prüfung von Abrechnungen für weitere Versicherte, die von diesem Pflegedienst versorgt werden, Einschalten der Stelle für Fehlverhalten im Gesundheitswesen oder Kündigung des Versorgungsvertrages der Kasse mit dem Pflegedienst. Begründete Rückforderungen der Kassen werden meist anstandslos gezahlt.

Wo liegen die Grenzen der Abrechnungsprüfung?

Die Kontrolle ist eine Plausibilitätsprüfung von Unterlagen, die dem Medizinischen Dienst bei der Qualitätsprüfung vorgelegt werden. Durch Beobachtung und Gespräche mit dem Personal, mit Pflegebedürftigen und Angehörigen erhält der Medizinische Dienst zusätzliche Hinweise. Obligate Abrechnungsprüfungen wirken präventiv. Der Medizinische Dienst kann die Abrechnung allerdings nur prüfen, wenn Betroffene dafür ihr Einverständnis erklärt haben. Willigen Pflegebedürftige bzw. Angehörige nicht in die Prüfung ein oder bestätigen sie sogar wissentlich Leistungen, die nicht erbracht worden sind, dann stößt die Abrechnungsprüfung an Grenzen. Entsteht bei den Prüferinnen und Prüfern des Medizinischen Dienstes der Eindruck, dass ein kriminelles System hinter den festgestellten Unregelmäßigkeiten stehen könnte, informieren sie die Stellen für Fehlverhalten bei den Kranken- und Pflegekassen, gegebenenfalls auch die Staatsanwaltschaften.

Müssen Betroffene fürchten, dass es zunehmend mehr betrügerische Pflegedienste geben wird?

Die überwiegende Mehrheit der ambulanten Pflegedienste arbeitet gut, seriös und zuverlässig, rechnet ordentlich ab und handelt weder in betrügerischer Absicht noch kriminell. Es gibt keine Veranlassung, eine ganze Branche unter Verdacht zu stellen.

Wie können Betroffene und Angehörige einen guten Pflegedienst erkennen?

Als erstes sollte man mit dem Pflegedienst klären, welche Pflege die oder der Betroffene braucht. Die Versorgung sollte individuell auf den pflegebedürftigen Menschen zugeschnitten sein. Als zweites sollte der Pflegedienst sicherstellen, dass in der Regel die gleichen Pflegekräfte die Pflege übernehmen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten nicht zu häufig wechseln. Die Krankenkassen informieren im Internet, wie die Pflegedienste bei der letzten Überprüfung abgeschnitten haben. Diese Prüfergebnisse geben zumindest einen Anhaltspunkt. Und als letztes empfiehlt es sich, im Freundes- und Bekanntenkreis nachzuhören, ob jemand einen Pflegedienst empfehlen kann.

Ergänzend zum Thema

Ihr Ansprechpartner

Jürgen Brüggemann

Jürgen Brüggemann

Bereichsleiter Beratung Pflegeversicherung
Tel: +49 201 8327-133
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Letzte Änderung:

18.07.2023